Dass alles vergänglich ist in der Natur und wir als Teil von ihr, das wusste ich natürlich, mein Kopf wusste das. Richtig angekommen in mir und zu einem Gefühl geworden ist diese Tatsache erst, seitdem ich so nah dran bin am Werden und Vergehen der Pflanzen, die wir in unserer Obhut im Garten kultivieren. Es ist unaufhaltsam – das Wachsen der Wurzel und des Sprosses, wenn der Same die für ihn optimalen Bedingungen bekommt; die Bildung der Blüten, Früchte und neuen Samen und jetzt im Herbst das Sterben der Pflanze. Bei manchen geschieht das durch unser Zutun: Der Kohl, der geerntet wird, bevor er im zweiten Jahr Blüten und Samen bilden kann, ebenso die Salate, der Lauch und viele andere, deren Lebenszyklus wir mit der Ernte unterbrechen, weit bevor sie ihrem natürlichen Ende entgegengehen würden.
Die Zeit der Herbsternte ist ganz besonders. Das sind die letzten großen Ernteaktionen im Jahreslauf und wir freuen uns schon auf eine etwas ruhigere Zeit im Winter, die zumindest nicht mehr so straff durchstrukturiert ist. Und doch überfällt mich immer wieder eine eigenartige Melancholie beim Anblick der abgeräumten Felder – die Roten Beten sind schon komplett verkauft. Der Biber hatte fast ein halbes Beet sauber abgeerntet, einen Teil haben die Mäuse genossen, die geschickt direkt unter den Reihen ihre Gänge gegraben haben. Der Knollensellerie und die Steckrüben waren letzte Woche in den Abokisten, der Rest des Selleries ist im Erdkeller eingelagert. Viele Knollen sind klein geblieben, da die Blätter von Septoria, einer Pilzkrankheit befallen waren und sich so auch die Wurzel nicht gut entwickeln konnte. Auch Weiß-, Rot- und Grünkohl sind fast komplett abgeerntet. In den Winter hinein bleibt noch ein großer Teil Lauch stehen und die drei Gewächshäuser sind voll belegt mit Feldsalat und etwas Postelein und Rucola.
Mit unseren Gedanken sind wir teilweise schon in der nächsten Gartensaison, denn wir wollen unsere Anbauweise ein bisschen verändern: Schon lang schwebt uns vor, die Beete schmaler zu machen, so dass wir beim Ernten nicht aufs Beet treten. Nun ist diesen Sommer unser Traktor nach 30 Jahren kaputt gegangen und unser Gärtnerkollege Heribert hat uns seinen kleinen Traktor überlassen, der aber eine schmalere Spurbreite hat. So setzen wir unseren Plan nun um, machen schmale Beete und zudem immer abwechselnd ein Beet Gemüse und eines Gründüngung, und zwar eine Mischung aus verschieden tief wurzelnden Pflanzen, die vor allem Wurzelmasse und weniger Blattmasse bilden. Das hält den Boden lebendig und locker und bindet CO2 in der Erde, wo es besser aufgehoben ist als in der Luft. Diese grünen Streifen wollen wir dann regelmäßig mähen und den Grünschnitt als Mulch für die benachbarten Beete verwenden.
Die Beete, die gleich als erstes im zeitigen Frühling bepflanzt werden sollen, haben wir schon vorbereitet, denn über den Winter trocknet die Erde nicht so weit ab, dass wir dann den Boden schon bearbeiten können. Damit die Erde nicht völlig brach liegt, haben wir sie mit einer Laubschicht gemulcht.
Ja, wir nutzen das Werden und Vergehen der Natur, es kommt uns zugute, dass alles Lebendige Wachsen will. Wir hoffen, sie nicht allzu sehr auszunutzen und versuchen, behutsam mit ihr umzugehen und all unser Tun mit Dankbarkeit und Respekt zu füllen. Und bei all der Herbst-Melancholie und Vorfreude auf den nächsten Frühling wollen wir die Schönheit eines jeden Augenblicks sehen und genießen. Denn wie sagt Frederick, die Feldmaus, im gleichnamigen Buch so schön:
„…Frühling, Sommer, Herbst und Winter sind vier Jahreszeiten. Keine weniger und keine mehr.
Vier verschiedene Fröhlichkeiten.“
Euch wünschen wir, dass ihr fröhlich sein könnt und gesund seid.
Und wenn ihr es gerade nicht seid, dass ihr es bald wieder werdet.
Kommentar schreiben