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Menschen und ihr Antrieb - Tillman Striffler, Waldmannshofen

„Ui, sind die groß! Ich bin doch erst vor zwei Tagen durchgegangen.“, stellte Tillman beim Blick auf die Zucchini ein bisschen überrascht fest, als ich im Sommer zum Fotografieren bei ihm war. Der Kontakt zu ihm ist immer sehr erfrischend. Weil er noch ein Stück Acker frei hatte, hat er mal eben ca. 100m Zucchini angebaut.

Strifflers aus Waldmannshofen beliefern uns schon lang mit Möhren und Kartoffeln, früher Tillmans Vater Otto, jetzt hat Tillman die Betriebsleitung und sein Vater tritt langsam ein bisschen zurück. Letzten Herbst war ich zum Abholen der Möhren bei ihm, weil ich mir den Hof anschauen wollte, ich war vorher noch nie dort gewesen. Letztendlich haben wir uns bei einem Rundgang den halben Vormittag über ausgetauscht und danach festgestellt, wie gut das tut, sich nicht „nur“ von den Kunden gesehen und gehört zu fühlen („nur“ ist hier völlig wertfrei zu lesen), sondern sich auch auf Betriebsebene zu vernetzen, mal kurz rauszukommen aus dem eigenen Alltag und dem täglichen Gedankenkarussell. Ihr wisst ja, dass ich meine Arbeit liebe, doch so ein Ausflug wirkt auf mich meist wie eine Erfrischung an einem heißen Sommertag. 


Ich freue mich, dass Tillman der nächste ist in meiner Reihe „Menschen und ihr Antrieb“; hier lest ihr, was in ihm steckt:

„Bis ich im Jahr 2015 den elterlichen Betrieb übernommen habe, war mein Weg nicht unbedingt der eines klassischen Junglandwirts und designierten Hofnachfolgers. Ich bin eher über Umwege und unbeabsichtigt an diesen Punkt gelangt und fühlte mich eher als Quereinsteiger, was auch bis heute noch nachhält und vermutlich auch meine Herangehensweise an die Betriebsführung und Landwirtschaft beeinflusst. Ich hatte 2000 Abitur gemacht und nach dem Zivildienst dann rein aus Interesse Biologie studiert. Im Hauptstudium kam ich jedoch zu dem Punkt, an dem ich feststellte, dass ich für die theoretische Arbeit nicht geeignet bin, da ich den Druck brauche, Arbeiten unmittelbar erledigen zu müssen und auch ein greifbares Ergebnis benötige, um mit meiner Arbeit zufrieden zu sein.

Mein Ansatz damals ging eher in Richtung Selbstversorgung, aber auf dem Weg dorthin bin ich letztendlich doch als Hofnachfolger auf dem elterlichen Betrieb gelandet.

 

Seither ist mein Ansatz, den Betrieb entgegen der gängigen Tendenz des Wettrüstens, das in der Landwirtschaft zur Normalität geworden ist, mehr in Richtung gesteigerter Effizienz, Ressourcen- und Arbeitseinsparung und Verbesserung der betrieblichen Abläufe zu entwickeln. Da mich die Materialschlachten eher abschrecken, versuche ich, mit der mir zur

Verfügung stehenden Fläche eine höhere Wertschöpfung zu erreichen und den "Sweet Spot" zwischen möglichst geringem Aufwand und der Erzeugung eines möglichst hochwertigen Nahrungsmittels zu treffen.

Auf unserem Betrieb werden seit bereits 45 Jahren Möhren und Kartoffeln angebaut, die dank unserer guten Lösslehmböden einen sehr guten Geschmack entwickeln, entgegen der gängigen Supermarktware, die oft von bewässerten Sandböden stammt. Diese Produkte haben in der Region eine große Wertschätzung erlangt und es mir ermöglicht, in verschiedenen regionalen Absatzwegen Fuß zu fassen. Entsprechend der Entwicklungen der letzten Jahre will ich diesen Bereich meines Betriebs weiter ausbauen und versuche mich an unterschiedlichen Sorten von Feldgemüse, die ich mit meiner vorhandenen Technik sinnvoll anbauen, aufbereiten und vermarkten kann.

 

Gleichzeitig will ich die Tierhaltung auf dem Betrieb auf ein für den Betriebskreislauf notwendiges Maß reduzieren, um nicht unnötig Flächen zur Produktion von Tierfutter nutzen zu müssen, sondern meine Tiere mit den im Betrieb zwangsläufig anfallenden Futtermitteln halten zu können.

 

Ich hoffe, auf diesem Weg meinen Betrieb so gestalten zu können, dass ich dem Ertragspotential des Standorts gerecht werden kann und gleichzeitig möglichst ressourcenschonend produziere. Mein Anspruch ist, sowohl der Verpflichtung der Landwirtschaft nachzukommen, möglichst viele Menschen zu ernähren, als auch möglichst klimaschonend oder wenn möglich sogar klimaförderlich zu produzieren.“


Gerade als mich seine Zeilen im Juli erreicht haben, hatte ich in der Schrot&Korn einen Artikel gelesen über die „Produktion“ von tierischen Nahrungsmitteln. Tillman hat einen Nerv bei mir getroffen, das ahnt ihr vielleicht, einige von euch kennen mich ja schon ein wenig. Tillmans gesamter Ansatz gefällt mir, und vor allem in der Tierhaltung finde ich so viel völlig schräg, im wahrsten Sinne des Wortes; so viel ist außer Balance geraten. Wir holzen Regenwälder am anderen Ende der Welt ab, zerstören damit die Natur und die Lebensgrundlage für die dort lebenden Menschen, um Soja anzubauen und unsere Tiere mit etwas zu füttern, was natürlicherweise gar nicht auf ihrem Speiseplan steht, damit sie möglichst viel Milch, Eier und Fleisch für uns abwerfen. Knapp vier Millionen Tonnen Soja importiert Deutschland jedes Jahr und belegt damit in Übersee eine Fläche so groß wie Mecklenburg-Vorpommern. Zudem werden 60% des in Deutschland angebauten Getreides an Tiere verfüttert. Um eine tierische Kalorie zu erzeugen, müssen drei bis sieben pflanzliche Kalorien verfüttert werden. (Schrot&Korn 07/2022) Wie wäre es, wenn wir uns die pflanzlichen Kalorien direkt zuführen würden mit einer abwechslungsreichen pflanzlichen Ernährung? 2021 wurden in Dtl. 8,2 Mio. Tonnen Fleisch produziert, vier Mio. Tonnen davon gingen ins Ausland, vor allem Schweinefleisch, Geflügel und Innereien. (Schrot&Korn 07/2022) Was richten wir damit in den jeweiligen Importländern an? Was macht das dort mit den kleinbäuerlichen Strukturen und der Fähigkeit zur Ernährungssouveränität? Hinzu kommen Schlacht- und Haltungsbedingungen, die noch immer zum großen Teil unwürdig und alles andere als wesensgemäß sind. 

Der Gedanke, die Tiere wieder einzubinden in den Hofkreislauf, so wie es der Demeter-Gedanke vorsieht, gefällt mir. Weder Boden oder Tier noch Mensch sollten als Produktionseinheiten gesehen werden, sondern als wertvolle Teile eines gesunden Gesamtorganismus.

 

Verantwortung übernehmen, uns in Ehrfurcht vor den Tieren, Ehrfurcht vor allem Leben üben, das sollten wir immer wieder tun, finde ich. Und der Wille zum Schutz unseres Planeten gehört für mich ebenso dazu. Ich freue mich, zusammen mit Tillman und all den anderen, die sich achtsam auf den Weg machen in eine lebenswerte Zukunft, ein Stück beitragen zu können zur Versorgung der Gemeinschaft mit gesunden Nahrungsmitteln – das beflügelt mich.

 

 

 

Was beflügelt euch? Traut euch, euren Platz auszufüllen und der wertvolle 

Teil des großen Ganzen zu sein, als der ihr bestimmt seid.

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Kommentare: 2
  • #1

    Jens (Mittwoch, 05 Oktober 2022 22:08)

    Welch wundervoller Text. Dankeschön.

  • #2

    Klaus Richter (Mittwoch, 26 Oktober 2022 09:58)

    Oh tut das gut, von diesen Menschen zu hören, die sich ganzheitlich und weltumfassend um unsere Ernährung kümmern!

 

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